Mein #ADHS-Coaching Teil 6

Teil 6: Mein Umgang mit Ressourcen, physisch und mental

[Disa] Diesmal bin ich mit Zug und Bus zur Therapie gefahren, weil das Auto gewartet wird. Eigentlich wäre es ökologischer, doch leider ist mein Energievorrat nach der dreiviertelstündigen Reise ziemlich aufgebraucht. Das Unterwegssein unter Menschen, der Lärm der Bahnhöfe und auf der Straße, als ich auf den Bus warte, zeigt mir deutlich, wie es aktuell um meine Energie steht. (Na ja, nicht nur jetzt stressen mich Bahnhöfe, Straßen und Menschen, aber doch deutlich mehr als auch schon.)

Nachdem ich Dr. ADHS kurz erzähle, wie es mir die letzten Wochen ergangen ist, leite ich zu meinem aktuellen Thema über: meine schon seit einigen Wochen anhaltende Dauererschöpfung. Keine Müdigkeit, die durch Ausschlafen, überhaupt durch Schlaf, aufgelöst werden könnte, sondern eine, die macht, dass ich wenig, noch weniger, erledigt bekomme. Ob es einen Zusammenhang zu meiner aktuell sehr gegenwärtigen Motivationslosigkeit mit Depressionsnähe gibt, weiß ich nicht. Es ist, als würde das D-MPH, das ich seit einem Jahr nehme, nicht mehr richtig wirken. Ich erwähne das Mitarbeiterinnengespräch mit meinen Chefinnen, die bevorstehenden Fahrzeugprüfung und den Zahnnotfall, um ein paar Baustellen aufzuzeigen. Und wie mich das alles total erschöpft.

Dr. ADHS fragt, was genau ich von ihr brauche und erhoffe. »Na ja«, druckse ich herum, »dass Sie wieder so eine hilfreiche Lösung aus dem Hut zaubern wie letztes Mal … Hilfreiche Tipps oder Strategien.«

Dr. ADHS schaut eine Weile auf den Bildschirm ihres Laptops, scrollt – so vermute ich – durch meine Krankengeschichte und sagt, dass demnächst meine Jahreskontrolle (Blut, EKG etc.) anstehe. Energielecks können, sagt sie, unterschiedliche Ursachen haben. Als erstes müssen wir feststellen, wo meine Energie versickert, um mir wieder Energie zuführen zu können. Damit ich wieder zu mehr Lebensqualität kommen kann.

Sie zählt auf, was unseren Energievorrat beeinflusst: Ernährung, Verdauung/Resorption, Stressfaktoren, Infektionen. Mein Ferritin-Wert sei ja vor einem Jahr sehr im Keller gewesen, sagt sie mit Blick auf den Laptop.

»Ja«, sage ich, »das ist bei mir fast immer so. Darum habe ich nach der Jahreskontrolle im Februar eine Eiseninfusion bekommen. Danach ist nochmals ein Labor gemacht worden.«

Dr. ADHS erzählt, die neuere Forschung gehe von einem Zusammenhang zwischen erhöhtem Eisenbedarf und dem ADHS-Hirn aus. Dass ADHS-Hirne Eisendepots anders bewerten, einsetzen und einen höheren Bedarf haben. *Shameonme* So richtig habe ich das alles nicht verstanden, meine Konzentration ist aktuell nicht die Beste. Jedenfalls seien wohl etwa die Hälfte aller ADHSler*innen davon betroffen. (Ich lasse das jetzt mal so stehen, da ich keine weiteren Fakten oder Quellen dazu habe.)

Schließlich kommen wir vom Eisen zu Vitamin D, das bei mir auch immer eher im Mangelbereich ist – und erfahrungsgemäß bei mir sehr direkt mit Stimmung und Motivation korrespondiert. (Sie empfiehlt im Winterhalbjahr täglich bis zu 5000 i.E., was etwa doppelt so viel ist, wie ich bisher jeweils genommen habe. Gerade nehme ich aber noch kein Vitamin D, als wir darüber sprechen. Ich vergaß zu fragen, ob das bei ADHS-Betroffenen anders sei als bei neurotypischen Menschen). Beides werde ich bei der Jahreskontrolle, die bald ansteht, mit meiner Hausärztin anschauen.

Omega 3-Fettsäuren seien ebenfalls sehr wichtig für den Energiehaushalt, ergänzt meine Ärztin, und natürlich Magnesium, das ich bereits regelmäßig in Kombination mit Calcium nehme, das es mir gegen die MPH-spezifischen Verspannungen hilft.

Dr. ADHS ist zuversichtlich, dass meine Energie wieder zurückkehrt. Eisenmangel lasse die ADHS-Symptome wieder aufleben und deutlicher in den Vordergrund treten, ergänzt sie die vorherigen Infos. Also genau das, was ich aktuell bei mir beobachte. Ich bin wieder gereizter, reizempfindlicher – fast so als nähme ich die Medikamente nicht. Was natürlich auch mit den ganzen Stressfaktoren zusammenhänge, sagt sie, denn die Medikamente und meine Reaktion darauf sind ja nicht immer gleich, tagesformabhängig und bei weitem nicht die einzigen Faktoren, die meine Lebensqualität beeinflussen.

Fakt ist, dass ich langzeiterschöpft bin. Trotz der Medikamente.

Dass ich wieder viel lärm- und reizempfindlicher bin, inbesondere bei der Arbeit, ist ein Gefühl. Dieses aktuelle Gefühl an sich kann ich zwar nicht ändern, ich kann jedoch überlegen, wie ich damit umgehen kann. Ich kann auch die andern Menschen nicht ändern, nicht leise stellen wie ein Radio, aber ich kann meine Haltung zu den Stressoren sozusagen bewusst und strategisch ändern. (Es lohne sich nur, in den Krieg zu ziehen, wenn Aussicht auf Erfolg bestehe. Andernfalls sei es strategisch klüger, die Energie dafür nicht zu verschwenden.)

Wir sprechen über den Sinn von Anpassung und ich merke, dass mich das Thema wie immer triggert.

Nur dank Anpassung habe die Menschheit überlebt, Survival of the fittest, sagt Dr. ADHS ein wenig provokativ. Es ist nicht das erste Mal, dass wir darüber reden. Wir philosophieren gern. Ich erzähle von meinem Trotz, den ich gegenüber dem Begriff Anpassung aufgebaut habe und von meinem Gefühl, immer die gewesen zu sein, die sich angepasst, die nachgegeben habe … und dass ich der Anpassung gegenüber müde, resigniert und zugleich auch wütend geworden sei. Da ich auch immer wieder diese Ohnmacht und Hilflosigkeit, weil ich die Gegebenheiten nicht ändern kann. Und die Sehnsucht danach, dass die Gesellschaft weiter, freundlicher und toleranter wäre.

Wir unterscheiden Gefühle von Fakten. Aufgrund der Fakten gilt es nach Lösungen zu suchen. Eine Erste-Hilfe-Lösung ist bereits aktiv. Ich habe mein kleines Arbeitspensum noch weiter reduziert. Vorerst bis im Februar. Das fühlt sich genau richtig an. So kann ich wieder zu Kräften und zur Ruhe kommen und die leeren Vitamin-und-Nährstoff-Depots wieder auffüllen.

Auf gar keinen Fall soll ich die Erschöpfung kleinreden, sagt Dr. ADHS, ich soll sie ernst nehmen, als Tatsache. Sie ist keine Ausrede dafür, dass ich gerade so wenig schaffe. Ich soll mir die notwendige Ruhe gönnen. Das sei nicht egoistisch, das sei wichtig.

(November 24)


Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
Teil 5

Alle Teile

Fortsetzung folgt

#AuDHS = #ADHS + #Autismusspektrum | Nachdenken über Schnittmengen und Gegensätze

[Disa] Als Kind bekam ich von meiner Tante M. ein Taschentuch für Zwillingsgeborene. Auch sie war Zwilling, ebenso meine Mutter und einer meiner Brüder, dem unsere Tante ebenfalls so ein Taschentuch schenkte. Weil ich Tante M. und ihre ansonsten pädagogisch wertvollen Geschenke mochte – die Matrjoschka und das Dalarna-Pferdchen habe ich sogar ins Erwachsenenalter gerettet –, zweifelte ich nicht an der Botschaft auf dem Taschentuch, leichtgläubig wie ich war. Also wuchs ich, dank Taschentuch, im Glauben auf, meine Zwiegespaltenheit in allen Dingen, die ich schon als Kind sehr bewusst wahrnahm, sei astrologisch vorherbestimmt. Der Text auf dem Taschentuch war da sehr eindeutig.

Heute weiß ich es besser. Astrologie ist Quatsch und meine Buntheit hat mit meinem So-Sein zu tun. Während der ADHS-Diagnostik erwähnte meine gute Dr. ADHS, dass manche meiner Testergebnisse auf Autismus hinweisen könnten. Sie kenne sich allerdings nicht gut genug aus, um das beurteilen zu können.

Noch habe ich keine Autismusdiagnose, die Warteschlangen zur Diagnostik sind lang. Ich hoffe, dass ich in einigen Monaten mehr weiß. Inzwischen habe ich mich selbst schlau gemacht und weiß daher, dass die Kombi Autismus/ADHS so selten gar nicht ist, ich nenne sie hier kurz AuDHS.

Seit einem Jahr nehme ich ein Medikament, das mein ADHS-Hirn unterstützt. Seither fühle ich die autistischen Symptome deutlicher. Ich empfinde sie quasi als freigestellt … Vorher haben sich die beiden Wesensarten gegenseitig überlagert und sorgten so für eine ziemlich anstrengende eingeschränkte Lebensqualität. Hott und Hü. Mit und dank Medikament erkenne ich die Prozesse in mir deutlicher, kann vieles besser handhaben und die Lebensqualität ist generell deutlich gestiegen.

Auf der folgendem Grafik fasse ich meine persönlichen Symptome zusammen. In der Mitte die Schnittmenge, in den zwei äußeren Spalten meine Symptome, die entweder der einen oder der anderen Diagnose zugehörig sind.

Meine Zwiegespaltenheit, siehe oben, hat also – so erkenne ich heute – mit den gegensätzlichen Kräften in mir zu tun. Ich habe die für mich gegensätzlichsten Kräfte farbig markiert. Neurodivergenz ist zwar bunt, aber oft ganz schön anstrengend.

Ich wünsche mir, das ich diese ganze Mélange weiter entspannen kann, noch mehr Druck herausnehmen. Noch weiß ich zwar nicht wie, aber ich übe weiter …

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Bildbeschreibung/Alternativtext unter der Grafik:
(Draufklick für groß)

Textgrafik, Text unter der Grafik lesbar

Die Grafik zeigt zwei Kreise. Der linke Kreis ist mit Autismusspektrum übertitelt, der rechte mit ADHS. Die Kreise haben eine Schnittmenge.

Der linke Kreis hat folgenden Inhalt:

  • Hoher Ruhebedarf,
    generell tiefes Stresslevel
  • Gern im Rückzug (Schneckenhaus/Kokon) | Regeneration am besten allein oder nur mit Partner | Natur hilft bei der Regeneration
  • Bemerken/Wahrnehmen kleiner Details, die andere nicht sehen
  • Hoher Bedarf an Struktur, Regeln, Routinen & Planung, Vorhersehbarkeit, Wiederholung, | Veränderung von Abläufen ist sehr stressig | Vorbereitung und klare Abmachungen sind wichtig
  • Berührung/Anfassen mancher Dinge wird als sehr unangenehm empfunden | (unangekündigtes) Berührtwerden ist unangenehm
  • Augenkontakt ist kein natürliches Bedürfnis
  • Oftmaliges Nichtverstehen von Ironie u/o sozialen Codes

Der rechte Kreis hat folgenden Inhalt:

  • (Innere) Hyperaktivität & Impulsivität
  • Grenzenlosigkeit/überbordende Grenzen
  • Hoher Stimulations- & Inspirationsbedarf
  • Exekutive Dysfunktion & Chaostendenz bei Umsetzung von Plänen & im Haushalt/Ordnung
  • Unterstimulation erzeugt Unkonzentriertheit und fördert Ablenkbarkeit und Fehlerbereitschaft
  • Zeitblindheit (auf einmal ist viel Zeit vergangen)
  • Motivierbarkeit bei uninteressanten Aufgaben sehr schwierig
  • Gleichzeitige Wahrnehmung von Ereignissen, was Priorisieren schwierig macht

Die Schnittmenge hat folgenden Inhalt:

  • Hyperfokus
  • Reizempfindlichkeit (Licht, Geräusche/Lärm, Geruch/Gestank, Berührungen)
  • Reduzierte Energiereserven
  • (Synästhesie & MirrorTouch)
  • Dauerhafte anstrengende Anpassungsleistung (Masking)
  • Ablehnungsangst/-empfindlichkeit
  • Soziale Ängste/Beziehungsfindung/-pflege
  • Stimming

Reisevorbereitungen mit #ADHS – Fazit

Nun ist die lange erwartete Reise schon längst Geschichte. Eine wunderschöne Reise war es, auch wenn nicht alles nach Plan gelaufen ist. Und ich habe – typisch ADHS – noch gar nicht berichtet wie der ganze Bürokratie-Kram ausgegangen ist. Dabei ist das schnell erzählt.

Kurzfassung: Niemand hat sich dafür interessiert.

Ich habe die Bescheinigung zusammen mit den Medikamenten im Handgepäck aufs Schiff gebracht ohne bei der Sicherheitskontrolle irgendetwas vorzeigen zu müssen. Unterwegs sind die Medis eh an Bord geblieben (und es gab nirgendwo Kontrollen wenn ich von Bord gegangen bin) und bei der Ausschiffung bin ich auch nicht vom Zoll kontrolliert worden. Hier hatte ich ehrlich gesagt die grösste Wahrscheinlichkeit für eine Kontrolle gesehen da der Zoll immer stichprobenartig Passagiere kontrolliert.

Würde ich bei einer ähnlichen Reise jetzt auf all den Papierkram verzichten? Nein, denn das ist mir dann doch zu riskant. Ohne entsprechenden Nachweis mit BTM erwischt zu werden kann richtig doof werden, und das möchte ich wirklich nicht erleben.

Für einen Wochenend-Trip mit dem Auto in die Niederlande habe ich trotzdem auf die offizielle beglaubigte Bescheinigung verzichtet. Ich habe ja auch noch meinen ADHS-Ausweis in dem bestätigt wird das ich auf diese Medikamente angewiesen bin. Ob das bei einer Kontrolle im Ausland wirklich gereicht hätte weiß ich nicht und ich will dieses Vorgehen auch niemandem empfehlen. Aber für 2 Nächte konnte ich mich nicht dazu bewegen den ganzen Aufwand (zeitlich und finanziell) durchzuziehen.

Leben machen – Teil 8, in dem es um plötzliche Veränderungen geht

[Janne]
Eisprungzeit.
Für mich dieses Mal etwas aufreibend, denn mein Eisprung hat sich verschoben.
Ich kann dieser Verschiebung wohlwollend begegnen, obwohl ich üblicherweise nicht sonderlich geschmeidig auf Veränderungen reagieren kann.

Man sagt uns Autist*innen ja oft nach, wir seien nicht flexibel und hätten Probleme mit plötzlichen Veränderungen. Ich für meinen Teil habe weniger mit den Veränderungen als ihren Konsequenzen ein Problem.
Denn meine gesamte Leistungsfähigkeit, was das alltägliche Funktionieren und Kompensieren von äußeren Einflüssen angeht, hängt davon ab, dass ich weiß, was los ist. Und ich kann nur wissen, was los ist, wenn ich von vornherein weiß, was los sein wird oder sein könnte.

An kaum einer anderen Stelle kann ich nicht-autistischen Menschen so deutlich machen, dass Autismus einer neurologischen Mechanik folgt und tatsächlich nichts mit meiner Persönlichkeit zu tun hat. Denn auch viele nicht-autistische Menschen werden nicht gern überrascht und werden sehr erschöpft von unsteter Lebensumgebung und unsicheren Bedingungen der Vorgänge um sie herum.
Ich hingegen werde letztlich hilflos, weil ich im Fall einer Plan- oder Ablaufänderung weniger und manchmal auch gar keinen Zugriff auf die Hirnfunktionen habe, die meine Reizaufnahme in irgendeiner Form einordnen, filtern, verarbeiten, integrieren. Ein Mal aus der Orientierung bin ich auf Hilfe angewiesen, die Situation zu verstehen und Prompts zu bekommen, was ich als Nächstes tun muss. Wenn es denn noch so milde ist, dass ich Hilfe von außen überhaupt als solche begreifen kann.

Diese Mechanik ist der empfindlichste Teil meines Autismus und der Hauptgrund dafür, dass ich im analogen Leben niemandem von meinem Kinderwunsch erzähle. Die meisten nicht-autistischen Menschen halten Babys und Kinder für verkörpertes Chaos und mich für nicht in der Lage, darauf angemessen und funktional reagieren zu können.
Ihr Konzept von Plötzlichkeit unterscheidet sich von meinem.
Ich habe noch nie ein Kind erlebt, das sich unvorhersehbar plötzlich verändert. Aber schon viele Menschen, die aus unbenannten und für mich unsichtbaren Beweggründen erst ins Kino und dann lieber doch in die Disco wollten – nachdem man dann doch ganz spontan mal noch durch ein paar Kneipen gezogen ist.
Je enger mein Bezug zum Kontext ist, desto leichter fällt es mir, Veränderungen vorherzusehen und in meine Erwartungen an den Rahmen, in dem sie sich ereignen könnten, einzuweben.

Dass sich der menschliche Eisprung um einige Tage verzögert, ist eine solche Veränderung. Sie hat zwar Konsequenzen für meinen Alltag, aber ich weiß schon, dass das absolut im normalen Rahmen ist und was ich jeweils tun muss.
Derzeit muss ich mal abspannen. Es war einigermaßen aufregend in den letzten beiden Wochen – wie soll denn bei so viel Gerumpel und Getöse auch vernünftig ein Ei aufgefangen, geschweige denn befruchtet und ein Embryo gebaut werden?

Leben machen – Teil 7, in dem Janne sich als Ovuhasen outet

[Janne]
7 Uhr 10.
Meine Hüfte drückt sich schmerzhaft auf den feuchten Boden, ein Vogel piept über der Kuppel meines Zelts. Ich bin auf einer Veranstaltung. Habe frei, bin in meiner Herzensbubble unterwegs und mein erster Gedanke ist der, dass ich das Testen nicht vergessen darf. Die platte Luftmatratze, der nasse Zeltboden, die knapp 10 Grad und die Unvorhersehbarkeit des Veranstaltungsgeschehens, das kommt alles danach, denn ich habe nur noch 20 Minuten.

Ich bin kein Temperaturmäuschen – ich bin ein Ovuhase. Jeden Tag mache ich um die gleiche Zeit einen Ovulationstest, damit mein Monitor eine konsistente Datenbasis hat und ich weniger mentale Belastung. Die Gedankenlast um meine Fruchtbarkeit ist hoch. Ich denke jeden Tag an meine Ernährung, meine Gesundheit, an Umweltgifte und die Notwendigkeit, diese Gedanken als etwas Persönliches zu behandeln. Sie also nicht wie andere Themen zu teilen oder zu besprechen. Diese Kategorie in meinem kommunikativen Handeln zu haben und in meinem sozialen Alltag anwenden zu können, ist Kernelement meines Maskings und damit etwas, das meinen Autismus weniger offensichtlich macht, weil es mich nicht-autistischen Menschen ähnlicher erscheinen lässt. Denn die sprechen auch nicht darüber. Wenn auch nicht aus den gleichen Gründen und mit den gleichen Zielen wie ich.

Mir ist es nicht peinlich, überwiegend an meinen Kinderwunsch zu denken und dabei immer wieder die gleichen Sätze, Ideen und Fragen im Kopf zu haben. Aber ich empfinde Scham, wenn ich merke, dass der Anspruch meiner Umwelt an mich ist, sie nicht gleichermaßen repetitiv zu teilen.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass man sich mehr Varianz von mir dabei wünscht. So als ob sie mich bitten, ihnen meine Gedanken doch abwechslungsreicher mitzuteilen. Obwohl sie es nicht sind. Und auch nicht sein können, denn es sind nun einmal immer die gleichen Dinge. Ovulationstest – Körper – XYZ meiden und kompensieren – Sex – Zeiträume und deren Gestaltung – Schwangerschaftstests.

Seit ich morgens die Ovulationstests mache, habe ich morgens einige Stunden Pause im Kopf. Das Ergebnis gibt mir Klarheit, ich muss mich nicht sorgen, ob ich meinen Eisprung verpasst habe und an welchem Zyklustag ich gerade bin. Ich weiß in etwa, wie dick meine Schleimhaut jetzt ist und warum ich heute schon Lust auf Sex habe und so viel Spaß an Sport. Ich weiß, welche Ernährung mir jetzt genau guttut und ob ich mir Gedanken um das Einplanen von Sex machen muss oder nicht.
Ich liebs.
Dahin zu kommen war schwierig und sicherlich gibt es Schöneres als 5 Minuten zusätzlich auf dem Zeltplatzklo rumzustehen, weil da auch die einzigen Mülleimer sind – aber was macht man nicht alles für ein, zwei, drei Gedankenkilos weniger. Und ein Baby. Dann vielleicht irgendwann.

Hoffentlich.

Leben machen – Teil 6, nachdem es wieder nicht geklappt hat

[Janne]
Erst konnte der teure Monitor meinen Schwangerschaftstest nicht auslesen und ich mich kaum entscheiden, ob ich doch nochmal welche kaufe, dann, keine 24 Stunden später: Krämpfe, Blut und Tränen.

„Schade“, sagte mein Mann. „Schade“, fühlte ich.

Ich hatte ein gutes Gefühl. Es ging mir sehr gut.
Seit ich mich ernährungs- und verhaltenstechnisch empfängnisbereit wie ein Schloßhoftor mache, ist mein PMDS verschwunden. PMDS, das steht für „prämenstruelle dysphorische Störung“. Und für massiv depressive Einbrüche vor der Menstruation bei mir.
Die ich lange für normal hielt. Bis sie unerträglich wurden. Da dachte ich, was für ein Pechvogel ich doch bin. Da menstruiere ich schon nicht mal freiwillig, sondern umstandsbedingt und dann ist es so krass, dass ich von vier Wochen im Monat eine traurig bin, weil ich nicht schwanger bin; eine, weil ich nicht genug dafür bin, schwanger werden zu dürfen und eine, weil mein Körper mich hormonbedingt depressiv und suizidal macht.

Inzwischen nehme ich seit Jahren Mönchspfeffer und seit Kurzem auch pflanzliches Östrogen. Ich gebe mehr als die Hälfte meines Geldes für Biolebensmittel aus, ernähre mich vegan, nehme Folsäure, Zink, Magnesium, Calcium, B12 und D3. Dreimal die Woche mache ich Sport, bei Bedarf auch häufiger.
Und es hat geholfen.
Es geht mir hervorragend in der Woche vor der Blutung.

Umso tiefer ist der Fall von der Klippe, vor der es nur eine einzelne Linie gibt.
Dass dem Aufprall ein „Schade“ an die Seite gestellt wird, erscheint mir wenig. Doch da unten in diesem tiefen Tal, ist es besser vom schwachen Schein des „Schade“ angeleuchtet zu werden, als im Dunklen zu sein.

Man muss sehen können, wohin man einen Schritt nach dem anderen weitermacht.

Leben machen – Teil 2, in dem es ums Wünschen geht

[Janne]
Wie viele autistische Menschen habe auch ich einen sehr konkreten Zugang zu Sprache. Wenn ich mich nicht anstrenge „nicht autistisch“ zu lesen, zu sprechen und zu verstehen, offenbart sich mein wörtliches Verständnis deutlich.
In den vergangenen Monaten bin ich oft mit dem Wort „Kinderwunsch“ konfrontiert. Ein Wort, das ich inzwischen nicht mehr als passend zu dem empfinde, was mit mir passiert.

Ich wünsche nicht mehr. Ich will.
Und je länger ich darüber nachdenke, habe ich möglicherweise nie wirklich nur gewünscht. Aber immer gesagt, es wäre ein Wunsch.

Als es anfing, war ich Anfang 20. Mein Leben war kompliziert und schwierig. Ich musste mich fragen, was ich will. Brauchte dringend ein konkretes Ziel, um die Herausforderungen in der näheren Zukunft als die Anstrengung wert zu empfinden.
Ich habe meinen Kinderwunsch damals gespürt und in alle Richtungen unterdrückt, weil er mir falsch erschien. Man bekommt doch keine Kinder, damit das eigene Leben erfüllt erscheint. Man kriegt doch keine Kinder, wenn man allein ist. Wenn man Hilfe braucht. Wenn man arm ist. Erst recht nicht, wenn man zusätzlich auch noch behindert ist.
Ich dachte, ich wäre noch nicht genug, um Elter zu sein und hielt das für ein lösbares Problem. In den folgenden Jahren habe ich praktisch durchgehend alles Neue und Neuere zum Thema Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Baby- und Kleinkindzeit gelesen. Habe an mir gearbeitet, mich verselbstständigt und in Lebensbahnen gezwungen, die formal für eine gute Eignung zum Elter sprechen.

Hätte ich mir ein Kind nur gewünscht, hätte ich das nicht geschafft.
Ich habe es gewollt und das hat mir die Kraft dafür gegeben.
Im Gespräch mit anderen Menschen allerdings habe ich das so nie ausgedrückt. Meine ganze Willenskraft habe ich immer wieder verschleiert, um nicht in Konflikte zu geraten. Für andere Menschen blieb mein Kinderwunsch also nur das: ein Wunsch.

Wünsche sind harmlos. Wünsche dürfen alle haben.
Man kann niemanden das Wünschen verbieten.
Wünsche sind volatil. Man muss sich nicht näher damit befassen.
Man muss sie nicht ernst nehmen. Es ist eine Wahl, ob man die Wünsche von jemandem unterstützt oder bestärkt – oder auch nicht.
Solange ich mir ein Kind, eine Elternschaft, nur gewünscht habe, blieb ich im direkten Kontakt unberührt von jenen gesellschaftlichen Ansprüchen und Imperativen, die mit Elternschaft einhergehen.

Als ich später dann zaghaft begann, meinen Willen zu kommunizieren, hat sich das verändert. Ich führte viele Gespräche, in denen es darum ging, dass Kinder immer jemanden brauchen. Dass Kinder immense Ausgaben bedeuten. Dass es belastend ist, Kinder zu haben. Ob mir wirklich klar sei, was ich da im Sinn habe. Dass meine Phantasie dazu sicher schön sei, aber die Realität …
Mein ganzes Wissen, meine gesamte Vorarbeit wird in solchen Gesprächen als nicht vorhanden angenommen. Mein Wille zum Kind, eine Gefahr für mich. Und andere. Die müssen sich ja dann schließlich um mich kümmern, wenn ich im Meltdown abdrehe, weil das Baby stundenlang schreit und ich im Schlafentzug bin.

Konfrontiert mit meinem Kinderwollen, entwickeln Menschen eine Idee von mir. In dieser Idee bin ich immer eine behinderte Frau, die am Alltag scheitert oder zu scheitern droht. Die Hilfe braucht, und zwar nicht nur für sich, sondern auch für ihr Baby.
In ihrer Vorstellung bin ich nie Janne, die*r herausfindet und lernt, wie der Alltag mit Kind oder sogar Kindern gestaltet sein muss, damit sie*r selbstständig zurechtkommt. Nie Janne mit Kleinkind. Mit Schulkind. Beim Abiball mit Teenagerkind. Janne, das Großelter, das eigene Erfahrungen aus dieser Phase weitergibt und hilft.
Ich bin nie wie all die anderen Menschen, die schon vor mir Kinder geboren und aufgezogen haben.

Diese Perspektive auf mich kenne ich bereits in Bezug auf andere Dinge.
Dass ich anderer Menschen Ideen von mir nicht entspreche, ist also nichts Neues. Trotzdem wirken sie natürlich auf mich. Verunsichern mich. Verletzen mich. Wecken Zweifel an meinem Kinderwollen und letztlich auch mir selbst.
Wann immer Menschen mir heute vermitteln, dass ich nicht genug für Elternschaft bin, frage ich mich, ob das eine Art ist mir zu sagen, dass ich in ihren Augen nicht genug zum Leben bin. Denn dazu gehört es ja, das Kinderhaben. Zum Leben.

Wir verschiedenen Menschen leben zwar nicht fürs Kinderbekommen, aber weil verschiedene Menschen Kinder bekommen haben, gibt es uns.
Ich glaube, dass viele diesen Umstand nicht so bewusst haben und entsprechend wenig wertschätzen. Aber das hat nichts mit mir zu tun. Das ist nichts, was mich beeinflussen muss.
Ich lebe, also kann ich Leben machen.

Reisevorbereitungen mit #ADHS – Teil 2

[Sabrina] Ich hatte vor einiger Zeit ja hier schon etwas zu meinen Reisevorbereitungen geschrieben. Nun steht die Reise kurz bevor und ich möchte noch ein kleines Update geben.

Da ich nicht herausfinden konnte, welche Dokumente ich für Grönland und die Faröer-Inseln brauche, um meine Medikamente mitnehmen zu dürfen, habe ich mich letztendlich mit einer E-Mail an die Dänische Botschaft gewendet. Tatsächlich bekam ich ein paar Tage später eine Antwort in der mir mitgeteilt wurde, was ich bei für mich verschriebenen BTM zu beachten habe. Von einem speziellen Formular oder einem bestimmten ärztlichen Nachweis war allerdings nicht die Rede. Interessanterweise gibt es für Grönland und für die Faröer-Inseln unterschiedliche Regelungen. Nach Grönland darf ich meine Medikamente für maximal 30 Tage mitbringen, für die Faröer-Inseln für die Dauer meines Aufenthalts plus 2 Tage.

Mit diesen Informationen habe ich mich dann entschlossen lediglich das Schengen-Formular mitzunehmen. Aber auch das war schon eine kleine organisatorische Herausforderung.

Formular online suchen – das ist einfach. Dann wollte ich das Formular schon am Rechner soweit wie möglich ausfüllen, damit beim Arzt nur noch Stempel und Unterschrift drauf müssen. Das offizielle Formular vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat zwar entsprechende Formularfelder, ist aber leider schreibgeschützt. Nach einiger Suche bei verschiedenen Gesundheitsämtern etc. habe ich dann eins gefunden, das sich am Rechner ausfüllen ließ und wo auch nicht irgendwelche Daten der (für mich falschen) Behörde aufgedruckt waren (leider habe ich mir nur das Formular und nicht den Link gespeichert, sonst könnte ich euch die Suche ersparen …).

Einen passenden Termin beim Neurologen hatte ich zum Glück schon, und der Termin beim Gesundheitsamt liess sich auch recht einfach telefonisch vereinbaren.

Beim Neurologen hatte ich gehofft, das vorausgefüllte Formular sofort wieder mitnehmen zu können. Der Arzt wollte es sich aber in Ruhe durchlesen, bevor er es unterschreibt. Also habe ich mit der MfA abgesprochen, dass ich Freitag nochmal vorbeikomme und alles abholen kann.

Freitag bin ich also wieder knapp 30 Minuten mit dem Auto zur Praxis gefahren, wo das Formular zwar unterschrieben und abgestempelt im Computer abgelegt war, das Original aber zunächst unauffindbar, genauso wie das bestellte und vom Arzt genehmigte zweite Rezept für meine Medikamente, damit ich nicht kurz vor der Reise noch einmal hin muss (die grösste Packungsgrösse sind 30 Stück und wir sind 24 Tage unterwegs). Mein Neurologe war zu allem Überfluss schon im Urlaub. Stress pur, Diskussionen, am Ende habe ich über eine Stunde in der Praxis verbracht bevor ich alles zusammen hatte. Diesmal hat die Praxis auch 10 € Gebühren für das Formular genommen. Zeitaufwand über 2 Stunden und ich war anschliessend erstmal fix und fertig.

Der Termin beim Gesundheitsamt verlief dann zum Glück problemlos. Nach nicht mal einer Stunde (inklusive Fahrtzeiten) war ich wieder zu Hause mit den passenden Stempeln. Ich habe der zuständigen Mitarbeiterin auch die E-Mail der Dänischen Botschaft vorgelegt und wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass das Schengen-Formular wohl ausreichend ist. Auch hier waren nochmal 10 € Gebühren fällig.

Alles in allem hat mich die ganze Geschichte mehrere Stunden Recherche am Computer gekostet, gute 3 Stunden Zeitaufwand um alle Unterschriften und Stempel zu bekommen und 20 € an Gebühren für das ganze Theater. Nur weil ich ADHS habe und auch im Urlaub nicht auf meine Medikation verzichten möchte.

Jetzt ist zum Glück alles erledigt und die Vorfreude auf die Reise steigt mit jedem Tag!

Wenn ich zurück bin, werde ich noch einmal kurz berichten, ob sich irgendjemand für meine Medikamente oder den Papierkram interessiert hat.

Reiseplanung mit #ADHS

[Sabrina] Ich habe ADHS. Ich nehme seit ein paar Monaten auch ADHS-Medikamente und kann und möchte auch auf Reisen nicht darauf verzichten. Aber was bedeutet das in der Praxis? Meine nächste Reise steht bald an und ich möchte einmal erzählen, was das für uns bedeutet.

(Wichtig: das ist ein reiner Erfahrungsbericht, keine Beratung oder Anleitung!)

ADHS-Medikamente gelten als Betäubungsmittel (BTM) und unterliegen strengen Vorschriften und Auflagen. Das ist im Alltag schon kompliziert genug. Man braucht in Deutschland ein spezielles Rezept, das nur 7 Tage gültig ist. Das bekommt man auch erst, wenn man nur noch für wenige Tage Medikamente zu Hause hat (bei meinem Arzt frühestens eine Woche vorher). E-Rezept geht sowieso (noch) nicht. Ich nehme Elvanse, da sind nur 30 Tabletten in einer Packung. Ich muss also alle 4 Wochen zu meinem Arzt in der Nachbarstadt, um ein neues Rezept zu bekommen. Dabei muss ich ziemlich genau wissen, wann ich die neue Packung brauche, Wochenenden und Feiertage berücksichtigen, und einkalkulieren, dass die Apotheke das Medikament erst bestellen muss und ich es nicht am selben Tag bekomme. Die Öffnungszeiten der Arztpraxis (und der Apotheke) muss ich natürlich auch noch im Auge behalten. Wenn man dann, aus welchem Grund auch immer, Medikamente im Alltag mit sich führt, braucht man am besten noch eine aktuelle Bescheinigung vom Arzt, damit man bei einer Kontrolle nicht in Schwierigkeiten gerät. Das alles ist für neurotypische Menschen wahrscheinlich schon schwierig, für Menschen mit ADHS ist das eine echte Herausforderung, weil es all die Fähigkeiten dazu braucht, die bei uns eingeschränkt sind.

Auf Reisen ins Ausland wird es damit aber so richtig kompliziert. Man braucht ein spezielles Formular, das vom Arzt ausgefüllt und unterschrieben werden muss und dann anschliessend auch noch von einer offiziellen zuständigen Stelle (in Nordrhein-Westfalen ist das das zuständige Gesundheitsamt) beglaubigt werden muss. Ich muss also rechtzeitig vor einer Auslandsreise (aber nicht zu früh) erst das Formular zum Arzt bringen, ein paar Tage später wieder abholen, in der Zwischenzeit einen Termin beim Gesundheitsamt vereinbaren, mit dem aufgefüllten Formular zum Gesundheitsamt fahren, um mir gegen eine Gebühr (bei uns sind das 10 €, aber das ist wohl von Amt zu Amt verschieden) ein paar Stempel auf das Formular drücken zu lassen und dann muss ich natürlich daran denken, das wertvolle Stück Papier auch auf die Reise mitzunehmen. Man braucht so ein Formular auch jedes mal neu, denn es kann nur für maximal 30 Tage ausgestellt werden.

Es geht auch noch komplizierter. Ich reise demnächst mit dem Schiff nach Grönland. An Bord gehe ich in Deutschland, wir machen Zwischenstopps auf Island und den Faröer-Inseln. Für Schengen-Staaten wie Island gibt es ein Formular für diese Zwecke. Nun sind Grönland und die Faröer-Inseln zwar irgendwie auch Dänemark, aber kein Schengen-Mitglied. Als was das Schiff zählt, weiss ich gar nicht, und ob ich für das Schiff überhaupt etwas brauche. Der Reiseveranstalter ist Deutsch, die Reederei, der das Schiff gehört, sitzt auf Zypern, das Schiff fährt unter der Flagge der Bahamas.

Bisher konnte ich noch nicht herausfinden, was ich jetzt alles brauche. Der Reiseveranstalter darf mir diesbezüglich keine Auskunft geben. Beim Gesundheitsamt weiss man es auch nicht so wirklich („Grönland ist zwar nicht Schengen, aber Dänemark, also nehmen Sie einfach das Schengen-Formular“). Und ich sitze hier völlig überfordert. Ich muss wohl die diplomatische Vertretung von Dänemark kontaktieren und hoffen, dass die mir die passende Auskunft für Grönland und die Faröer-Inseln geben können. Ich habe mir sogar schon die Adressen rausgesucht. Bin aber wieder überfordert, ob ich jetzt die Botschaft direkt anschreiben muss oder mich an ein Konsulat wenden muss. Wie ich herausfinden kann ob ich auch noch eine extra Bescheinigung fürs Schiff brauche weiss ich auch nicht. Und jetzt streikt mein ADHS-Gehirn und weigert sich. Stattdessen sitze ich hier und schreibe diesen Blogbeitrag.

Wahrscheinlich werde ich den ganzen Papierkram am Ende nicht benötigen, weil es niemand sehen möchte. Aber falls doch, kann es ohne richtig richtig doof werden. Also bleibt mir nichts anderes übrig das alles durchzuziehen. Irgendwie. Irgendwann. Hoffentlich rechtzeitig.

Ich werde berichten, wie die Geschichte weitergeht.

Das So-Sein

[Disa] Wenn heute jemand zu mir sagt, dass inzwischen doch alle ein ADHS haben, denke ich: Wenn du wüsstest. Wenn eine*r sagt, dass er oder sie ja auch irgendwie schusselig oder zerstreut sei, sage ich: Klar, bis du das. Ab und zu. Aber mein ADHS ist immer bei mir.

Seit einigen Monaten hat mein So-Sein einen Namen. Vorher war es ein Verdacht. Die Diagnose hilft. Das Medikament hilft. Das Coaching hilft. Doch der Weg war lang und die Gesellschaft erst allmählich bereit, sich mit den Diversitäten des menschlichen Hirns auseinanderzusetzen. So viel Ignoranz, so viele Vorurteile.

Ich wünsche mir, dass wir mit diesem Blog einen Beitrag leisten können, zu zeigen, dass unser So-Sein wertvoll und wichtig ist. Nicht nur für uns selbst, auch für unsere Gesellschaft.