Reisevorbereitungen mit #ADHS – Fazit

Nun ist die lange erwartete Reise schon längst Geschichte. Eine wunderschöne Reise war es, auch wenn nicht alles nach Plan gelaufen ist. Und ich habe – typisch ADHS – noch gar nicht berichtet wie der ganze Bürokratie-Kram ausgegangen ist. Dabei ist das schnell erzählt.

Kurzfassung: Niemand hat sich dafür interessiert.

Ich habe die Bescheinigung zusammen mit den Medikamenten im Handgepäck aufs Schiff gebracht ohne bei der Sicherheitskontrolle irgendetwas vorzeigen zu müssen. Unterwegs sind die Medis eh an Bord geblieben (und es gab nirgendwo Kontrollen wenn ich von Bord gegangen bin) und bei der Ausschiffung bin ich auch nicht vom Zoll kontrolliert worden. Hier hatte ich ehrlich gesagt die grösste Wahrscheinlichkeit für eine Kontrolle gesehen da der Zoll immer stichprobenartig Passagiere kontrolliert.

Würde ich bei einer ähnlichen Reise jetzt auf all den Papierkram verzichten? Nein, denn das ist mir dann doch zu riskant. Ohne entsprechenden Nachweis mit BTM erwischt zu werden kann richtig doof werden, und das möchte ich wirklich nicht erleben.

Für einen Wochenend-Trip mit dem Auto in die Niederlande habe ich trotzdem auf die offizielle beglaubigte Bescheinigung verzichtet. Ich habe ja auch noch meinen ADHS-Ausweis in dem bestätigt wird das ich auf diese Medikamente angewiesen bin. Ob das bei einer Kontrolle im Ausland wirklich gereicht hätte weiß ich nicht und ich will dieses Vorgehen auch niemandem empfehlen. Aber für 2 Nächte konnte ich mich nicht dazu bewegen den ganzen Aufwand (zeitlich und finanziell) durchzuziehen.

Reisevorbereitungen mit #ADHS – Teil 2

[Sabrina] Ich hatte vor einiger Zeit ja hier schon etwas zu meinen Reisevorbereitungen geschrieben. Nun steht die Reise kurz bevor und ich möchte noch ein kleines Update geben.

Da ich nicht herausfinden konnte, welche Dokumente ich für Grönland und die Faröer-Inseln brauche, um meine Medikamente mitnehmen zu dürfen, habe ich mich letztendlich mit einer E-Mail an die Dänische Botschaft gewendet. Tatsächlich bekam ich ein paar Tage später eine Antwort in der mir mitgeteilt wurde, was ich bei für mich verschriebenen BTM zu beachten habe. Von einem speziellen Formular oder einem bestimmten ärztlichen Nachweis war allerdings nicht die Rede. Interessanterweise gibt es für Grönland und für die Faröer-Inseln unterschiedliche Regelungen. Nach Grönland darf ich meine Medikamente für maximal 30 Tage mitbringen, für die Faröer-Inseln für die Dauer meines Aufenthalts plus 2 Tage.

Mit diesen Informationen habe ich mich dann entschlossen lediglich das Schengen-Formular mitzunehmen. Aber auch das war schon eine kleine organisatorische Herausforderung.

Formular online suchen – das ist einfach. Dann wollte ich das Formular schon am Rechner soweit wie möglich ausfüllen, damit beim Arzt nur noch Stempel und Unterschrift drauf müssen. Das offizielle Formular vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat zwar entsprechende Formularfelder, ist aber leider schreibgeschützt. Nach einiger Suche bei verschiedenen Gesundheitsämtern etc. habe ich dann eins gefunden, das sich am Rechner ausfüllen ließ und wo auch nicht irgendwelche Daten der (für mich falschen) Behörde aufgedruckt waren (leider habe ich mir nur das Formular und nicht den Link gespeichert, sonst könnte ich euch die Suche ersparen …).

Einen passenden Termin beim Neurologen hatte ich zum Glück schon, und der Termin beim Gesundheitsamt liess sich auch recht einfach telefonisch vereinbaren.

Beim Neurologen hatte ich gehofft, das vorausgefüllte Formular sofort wieder mitnehmen zu können. Der Arzt wollte es sich aber in Ruhe durchlesen, bevor er es unterschreibt. Also habe ich mit der MfA abgesprochen, dass ich Freitag nochmal vorbeikomme und alles abholen kann.

Freitag bin ich also wieder knapp 30 Minuten mit dem Auto zur Praxis gefahren, wo das Formular zwar unterschrieben und abgestempelt im Computer abgelegt war, das Original aber zunächst unauffindbar, genauso wie das bestellte und vom Arzt genehmigte zweite Rezept für meine Medikamente, damit ich nicht kurz vor der Reise noch einmal hin muss (die grösste Packungsgrösse sind 30 Stück und wir sind 24 Tage unterwegs). Mein Neurologe war zu allem Überfluss schon im Urlaub. Stress pur, Diskussionen, am Ende habe ich über eine Stunde in der Praxis verbracht bevor ich alles zusammen hatte. Diesmal hat die Praxis auch 10 € Gebühren für das Formular genommen. Zeitaufwand über 2 Stunden und ich war anschliessend erstmal fix und fertig.

Der Termin beim Gesundheitsamt verlief dann zum Glück problemlos. Nach nicht mal einer Stunde (inklusive Fahrtzeiten) war ich wieder zu Hause mit den passenden Stempeln. Ich habe der zuständigen Mitarbeiterin auch die E-Mail der Dänischen Botschaft vorgelegt und wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass das Schengen-Formular wohl ausreichend ist. Auch hier waren nochmal 10 € Gebühren fällig.

Alles in allem hat mich die ganze Geschichte mehrere Stunden Recherche am Computer gekostet, gute 3 Stunden Zeitaufwand um alle Unterschriften und Stempel zu bekommen und 20 € an Gebühren für das ganze Theater. Nur weil ich ADHS habe und auch im Urlaub nicht auf meine Medikation verzichten möchte.

Jetzt ist zum Glück alles erledigt und die Vorfreude auf die Reise steigt mit jedem Tag!

Wenn ich zurück bin, werde ich noch einmal kurz berichten, ob sich irgendjemand für meine Medikamente oder den Papierkram interessiert hat.

Reiseplanung mit #ADHS

[Sabrina] Ich habe ADHS. Ich nehme seit ein paar Monaten auch ADHS-Medikamente und kann und möchte auch auf Reisen nicht darauf verzichten. Aber was bedeutet das in der Praxis? Meine nächste Reise steht bald an und ich möchte einmal erzählen, was das für uns bedeutet.

(Wichtig: das ist ein reiner Erfahrungsbericht, keine Beratung oder Anleitung!)

ADHS-Medikamente gelten als Betäubungsmittel (BTM) und unterliegen strengen Vorschriften und Auflagen. Das ist im Alltag schon kompliziert genug. Man braucht in Deutschland ein spezielles Rezept, das nur 7 Tage gültig ist. Das bekommt man auch erst, wenn man nur noch für wenige Tage Medikamente zu Hause hat (bei meinem Arzt frühestens eine Woche vorher). E-Rezept geht sowieso (noch) nicht. Ich nehme Elvanse, da sind nur 30 Tabletten in einer Packung. Ich muss also alle 4 Wochen zu meinem Arzt in der Nachbarstadt, um ein neues Rezept zu bekommen. Dabei muss ich ziemlich genau wissen, wann ich die neue Packung brauche, Wochenenden und Feiertage berücksichtigen, und einkalkulieren, dass die Apotheke das Medikament erst bestellen muss und ich es nicht am selben Tag bekomme. Die Öffnungszeiten der Arztpraxis (und der Apotheke) muss ich natürlich auch noch im Auge behalten. Wenn man dann, aus welchem Grund auch immer, Medikamente im Alltag mit sich führt, braucht man am besten noch eine aktuelle Bescheinigung vom Arzt, damit man bei einer Kontrolle nicht in Schwierigkeiten gerät. Das alles ist für neurotypische Menschen wahrscheinlich schon schwierig, für Menschen mit ADHS ist das eine echte Herausforderung, weil es all die Fähigkeiten dazu braucht, die bei uns eingeschränkt sind.

Auf Reisen ins Ausland wird es damit aber so richtig kompliziert. Man braucht ein spezielles Formular, das vom Arzt ausgefüllt und unterschrieben werden muss und dann anschliessend auch noch von einer offiziellen zuständigen Stelle (in Nordrhein-Westfalen ist das das zuständige Gesundheitsamt) beglaubigt werden muss. Ich muss also rechtzeitig vor einer Auslandsreise (aber nicht zu früh) erst das Formular zum Arzt bringen, ein paar Tage später wieder abholen, in der Zwischenzeit einen Termin beim Gesundheitsamt vereinbaren, mit dem aufgefüllten Formular zum Gesundheitsamt fahren, um mir gegen eine Gebühr (bei uns sind das 10 €, aber das ist wohl von Amt zu Amt verschieden) ein paar Stempel auf das Formular drücken zu lassen und dann muss ich natürlich daran denken, das wertvolle Stück Papier auch auf die Reise mitzunehmen. Man braucht so ein Formular auch jedes mal neu, denn es kann nur für maximal 30 Tage ausgestellt werden.

Es geht auch noch komplizierter. Ich reise demnächst mit dem Schiff nach Grönland. An Bord gehe ich in Deutschland, wir machen Zwischenstopps auf Island und den Faröer-Inseln. Für Schengen-Staaten wie Island gibt es ein Formular für diese Zwecke. Nun sind Grönland und die Faröer-Inseln zwar irgendwie auch Dänemark, aber kein Schengen-Mitglied. Als was das Schiff zählt, weiss ich gar nicht, und ob ich für das Schiff überhaupt etwas brauche. Der Reiseveranstalter ist Deutsch, die Reederei, der das Schiff gehört, sitzt auf Zypern, das Schiff fährt unter der Flagge der Bahamas.

Bisher konnte ich noch nicht herausfinden, was ich jetzt alles brauche. Der Reiseveranstalter darf mir diesbezüglich keine Auskunft geben. Beim Gesundheitsamt weiss man es auch nicht so wirklich („Grönland ist zwar nicht Schengen, aber Dänemark, also nehmen Sie einfach das Schengen-Formular“). Und ich sitze hier völlig überfordert. Ich muss wohl die diplomatische Vertretung von Dänemark kontaktieren und hoffen, dass die mir die passende Auskunft für Grönland und die Faröer-Inseln geben können. Ich habe mir sogar schon die Adressen rausgesucht. Bin aber wieder überfordert, ob ich jetzt die Botschaft direkt anschreiben muss oder mich an ein Konsulat wenden muss. Wie ich herausfinden kann ob ich auch noch eine extra Bescheinigung fürs Schiff brauche weiss ich auch nicht. Und jetzt streikt mein ADHS-Gehirn und weigert sich. Stattdessen sitze ich hier und schreibe diesen Blogbeitrag.

Wahrscheinlich werde ich den ganzen Papierkram am Ende nicht benötigen, weil es niemand sehen möchte. Aber falls doch, kann es ohne richtig richtig doof werden. Also bleibt mir nichts anderes übrig das alles durchzuziehen. Irgendwie. Irgendwann. Hoffentlich rechtzeitig.

Ich werde berichten, wie die Geschichte weitergeht.

„Was mache ich hier eigentlich?“ Über Selbstzweifel.

[Sabrina] Voller Begeisterung habe ich spontan zugesagt als Disa fragte wer Lust hätte über seinen Alltag mit ADHS zu schreiben.

Ein paar Ideen waren schnell zusammengetragen, und dann kamen die Zweifel. Was weiss ich denn schon über ADHS. Meine Diagnose liegt noch nicht mal 6 Monate zurück. Ich weiss gerade gar nicht so richtig was in meinem Leben alles ADHS ist und was nicht. Was habe ich denn zu dem Thema überhaupt zu sagen. Interessiert das irgendwen? Was wenn meine Diagnose (die nicht sehr ausführlich war) doch nicht stimmt und ich wirklich nur unfähig und faul bin?

Also schreibe ich über meine Zweifel. Selbstzweifel. Davon habe ich genug, schon immer. Warum kriege ich einfache Dinge nicht hin? Warum schaffe ich es nicht mein Leben in den Griff zu kriegen? Warum habe ich immer schon das Gefühl nicht in diese Gesellschaft zu passen? Warum kann ich nicht zuhören? Warum will ich immer neue Hobbys ausprobieren, warum stürze ich mich mit vollem Eifer in ein neues Thema, schaffe mir jede Menge Zeugs dafür an, nur um es ein paar Wochen, Monate, in Ausnahmefällen auch Jahre später von heute auf morgen liegen zu lassen um mich anderen Dingen zu widmen? Warum muss ich immer alles auf den letzten Drücker machen?

Jetzt weiß ich, das hat alles mit meinem umdiagnostizierten ADHS zu tun. Aber die Zweifel sind hartnäckig. Über 40 Jahre haben sie sich in meinem Leben eingebrannt und große Schäden hinterlassen. Soziale Ängste, depressive Phasen, aber auch ganz praktische Dinge wie seit Jahren nur ein Taschengeld zu verdienen, keine soziale Absicherung zu haben. Ich habe wahnsinniges Glück dass meine Familie und mein Partner mich trotz allem immer unterstützt haben. Ansonsten wäre ich vielleicht schon auf der Strasse gelandet.

Die Diagnose ADHS ändert den Blick auf die Dinge die in meinem Leben nicht funktionieren. Aber ich glaube ich brauche noch eine ganze Menge Zeit und Hilfe um mein Leben endlich in den Griff zu bekommen. Die Selbstzweifel hinter mir zu lassen und Platz für ein neues Gefühl zu schaffen.